Intuition, gesunde Bewegung, Verbundenheit

Wer, von Euch erwachsenen Menschen, hat heutzutage noch eine gesunde Intuition für körperfreundliche Bewegungsabläufe? In einer Zeit, in der es sich nicht gehört, auf dem Boden zu sitzen, man für verrückt erklärt wird, wenn man fröhlich umherhüpft und sich nicht traut, in der Öffentlichkeit zu rennen, um die Umstehenden nicht zu alarmieren....Wir leben in einer Gesellschaft von anerzogenen Bewegungslegasthenikern, von Bewegungsgehemmten, die viel zu früh aufgehört haben, ihre Abläufe zu verfeinern. Unser Geist lernt lebenslang dazu, aber unser Körper? Schon ab der Pubertät geht es bergab. Und spätestens mit 50 oder 60 sind Rücken und Knie kaputt und der Mensch kann nicht mal mehr vom Boden aufstehen. Das müsste nicht so sein! Unserer Menschennatur entspräche es zu laufen, zu klettern, zu kriechen, ohne Matratze zu schlafen ohne Sessel zu sitzen. Nicht dass all das notwendig wäre. Aber alltägliche Bewegungen könnten so viel effizienter, so viel müheloser und gelenkschonender gestaltet werden, als es die Allermeisten tun. Wer weiß schon noch, wie sich solche gesunden Bewegungen anfühlen? Und wer kann sie bei anderen erkennen? Und bei einer anderen Spezies, den Pferden? Ich bin eigentlich überzeugt, dass diese Intuition jedem innewohnt. Wir haben es nur manchmal schwer, weil uns so viel erzählt wurde darüber, was beim Reitpferd angeblich erstrebenswert ist. Da wurde so einiges grob vereinfacht und unvollständig überliefert. Wie wäre es, dieses Halbwissen mal beiseite zu lassen und sich wieder auf sein Bauchgefühl zu verlassen? Denn die Biomechanik des Pferdes ist so komplex, dass man ihr mit Worten nicht wirklich gerecht werden kann und man schon ein ziemlicher Freak sein muss, wenn man sie wirklich verstehen will. Es kann und muss auch nicht jeder Reiter verstehen, was eine gesunde Bewegung auszeichnet! Ich glaube, dass empathisches Einfühlungsvermögen reichen würde, um zu erkennen ob ein Pferd Freude an der Bewegung hat oder nicht. Wenn wir uns nur mal von vorgefertigten Meinungen und Zwängen freimachen könnten. Zum Beispiel was die Kopfposition angeht. Oder das Tempo. Irgendwelche Vorbilder aus speziellen Reitweisen, die vielleicht für einen ganz anderen Pferdetyp gemacht sind. Dem Glaubenssatz, dass ein Pferd geritten werden muss. Der Selbstüberschätzung, die einen glauben macht, dass das Pferd ohne das eigene gymnastizierende Reiten steifer wird. So viele Pferdebesitzer halten das Reiten in der Halle oder Bahn für notwendig, obwohl es weder ihnen noch dem Pferd Spaß macht. Ganz ehrlich: wem es so geht, der schadet seinem Pferd damit mehr als dass es nützt. Denn wer es wirklich versteht, ein Pferd sinnvoll zu gymnastizieren, der weiß, dass das im Gelände mindestens genauso gut geht und dem bereitet es so viele Erfolgserlebnisse, dass er es niemals als lästige Pflicht wahrnehmen würde. Das sind Beispiele für eine recht verzerrte Wahrnehmung der eigenen Rolle dem Pferd gegenüber. Was dem Pferd gut tut, sollte uns auch Freude bereiten, sonst stimmt da was nicht. Also macht euch mal locker, gesund ist nicht das, was sein muss, weil es irgendwer sagt, sondern das was Spaß macht. Ich meine wirklich Spaß. Nicht auf Kosten des Pferdes. Aber ich glaube, insgeheim suchen doch die meisten Reiter die Verbundenheit mit dem Pferd. Sie wissen nur nicht, dass sie direkt in greifbarer Nähe vor ihnen liegt. Es sind die kleinen Momente. Die, wo das Pferd unsere Gedanken zu lesen scheint. Wo es sich leicht anfühlt. Die Bewegung rund, federnd oder fließend. Wo der Mensch mit seiner ganzen Aufmerksamkeit beim Pferd ist und umgekehrt. Wertschätzt das.

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