Der Pferdehals

Wer würde ein zartes Pflänzchen, verbiegen, langziehen oder gar abknicken wollen?
Wer würde ein zartes Pflänzchen, verbiegen, langziehen oder gar abknicken wollen?

 

Der frei getragene Hals des Pferdes erinnert mich an den Stängel einer Glockenblume und sein Kopf an deren  herabhängende Blüte.

 

Je mehr ich von der Biomechanik verstehe, desto bewusster wird mir, wie zart und empfindlich ein Pferdehals ist und wie vorsichtig man damit sein muss, den Kopf in die eine oder andere Richtung zu weisen.  Und dass man Zug auf den Pferdekopf nur im Notfall ausüben darf.

 

Schon das Andeuten eines Zuges wirkt auf ein Lebewesen wie ein tatsächlicher Zug auf ein mechanisches Objekt. Oder genau konträr.

Schon ein leichtes Zupfen in eine Richtung, macht dem Lebewesen klar, dass dieser Zug sich auch verstärken kann. Der Urinstinkt denkt jede Einwirkung auf den Körper weiter. Wo würde sie im Extremfall hinführen? Um frühzeitig sein Genick zu schützen, wird es reflexartig darauf reagieren, entweder indem es der Zugrichtung folgt und seinen gesamten Körper nach ihr ausrichtet. Oder indem es sich stabilisiert und gegenanzieht. 

Über Zügel, Longe, oder Strick am Kopf hat der Mensch also sehr viel Macht über die Haltung des ganzen Pferdekörpers. 

Wie wollen wir mit dieser Macht umgehen? Sollte man sie sich nicht für Extremsituationen aufheben und das Pferd über die Körperteile lenken, mit denen es läuft?  Seine Beine.  Jedes Fahrzeug setzt die Lenkung an der Achse an, da, wo die Bewegung entsteht. Und nicht dort, wo die entstandene Bewegung ausbalanciert wird.

 

Man sollte sich bewusst machen, dass das Ziehen des Pferdekopfs zur Seite, für den Instinkt des Pferdes einer Androhung eines Genickbruchs gleichkommt. Wie wirkt sich das auf das Verhältnis zwischen Mensch und Pferd aus?

 

Das Hinterherziehen des Pferdes beim Führen (anstatt es von der Seite her vorwärtszutreiben) bewirkt oft ein Langziehen des Halses. Wie wirkt sich das auf die Gangmechanik aus?

Das Fixieren des Halses mit rückwärtswirkender Reiterhand oder Hilfszügeln bedeutet für das Pferd, dass es sich im Zweifelsfalle nicht ausbalancieren darf. Es muss das mit den Beinen tun, egal, ob diese schmerzhaft, ermüdet sind oder noch Schwierigkeiten mit der Koordination haben.  Das Pferd ist ausgeliefert. Und je höher das Tempo, desto bedrohlicher ist die Situation. Wie fühlt man sich da wohl als Pferd? 

 

Mensch zieht Pferd hinter sich her
Langgezogener Hals - stört die Bewegung erheblich
Pferd läuft in Selbsthaltung neben dem Menschen her. Heutzutage eher selten zu sehen
Pferd läuft in Selbsthaltung neben dem Menschen her. Heutzutage eher selten zu sehen

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