
REITEN ist für mich weder Sport noch Kunst. Sich in Wettbewerben mit anderen zu vergleichen macht keinen
Sinn, denn jedes Pferd und jeder Reiter sind einzigartig. Messlatte sollte das jedem Pferd eigene individuelle Potential sein. Die Bewertung der Bewegungsqualität sollte nach den Kriterien der
Natur geschehen: Balance, Federkraft, Mühelosigkeit. Es gilt auch nicht etwa eine "künstlierische Freiheit". Die physikalischen Gesetze und die Anatomie des Pferdes geben sehr
genau vor, welche Art der Bewegung dem Pferd gut
tut. Abweichungen davon und Übertreibungen, nur weil diese jemand originell findet und andere übertrumpfen will, sind genauso unethisch wie Qualzuchten bei extravagenten Hunderassen. Solche
Übertreibungen finden wir leider in allen Sparten des Reitsports, nicht aber in der Gebrauchsreiterei.
Reiten ist für mich eher ein Tanz oder Spiel mit zwei sehr unterschiedlichen Partnern. Der Mensch lässt sich von dem starken Tier tragen. Seine Aufgabe ist es, dem Tier Hinweise zu geben, damit
es sein Gleichgewicht findet, alle vier Beine achsengerecht ausrichtet und zu federnden, erhabenen Bewegungen gelangt, die es in ähnlicher Weise auch in der freien Wildbahn zeigen könnte. Wie ein
gesundes Wildpferd, das Energie im Überfluss hat, forsch voranläuft, spielt oder imponiert. Eine gesunde Körperspannung schützt Skelett und Sehnen vor Verschleiß und Verletzungen. Wenn dieses
Ziel verfolgt wird, gewinnen beide Tanz- oder Spielpartner Selbstvertrauen und ein längeres, gesünderes Pferdeleben.